Jay Miner
Allerdings hatte Commodore schon bald ein Einsehen, dass der Amiga in seiner damaligen Form keine Chance auf dem Markt hatte und begann in zwei Abteilungen einen Low Cost- aber auch eine High-End-Maschine zu entwickeln. Jay Miner war begeistert über die Richtung, die man nun mit dem Amiga 2000 einschlug. Endlich war es möglich den Computer nach seinen eigenen Vorstellungen aufzurüsten. Dies hatte schon dem Apple II zu seinem Erfolg verholfen. Jay Miner entwickelte zusätzlich eine automatische Konfiguration für die Steckplätze, die eine Einbindung über Treiberdateien nicht notwendig gemacht hätte. Wie schon bei vielen Entwicklungsideen zuvor war der Vorstand überhaupt nicht angetan von einer Idee, die den Herstellungspreis in die Höhe trieb: in diesem Falle um 50 Cent! Jay Miner hatte jedoch einen Verbündeten, in Form von Rick Geiger, dem Abteilungsleiter.
Dieser vermittelte immer zwischen beiden Parteien und schirmte Jay und seine Mannschaft immer gut von vielen Forderungen der Unternehmensführung ab. Dafür allerdings musste Jay ab und an auch gute Mine zum bösen Spiel machen und Dinge einbauen, die Commodore nicht verhandeln wollte. Dazu gehörte auch eine MS-DOS Kompatibilität, die Geiger versprach und nicht einhalten konnte. Wenn immer Jay in darauf ansprach, versicherte er den Termin halten zu können. Commodore selbst glaubte an ihn und begann Werbung zu schalten. Der Termin kam immer näher und nichts passierte. Jay Miner selbst war nie ein großer Fan einer MS-DOS Kompatibilität und unterstrich immer wieder, dass der Amiga ein gänzlich anderer Computer sei. Jay wollte, dass der Amiga besser ist und nicht ein Clone einer bestehenden Maschine. Er selbst sah den Amiga als überlegenen Computer, allein schon durch das Betriebssystem, das deutlich benutzerfreundlicher war, als MS-DOS. Als dann mit dem Sidecar eine Hardwarelösung erschien, an der Jay Miner jedoch nicht beteiligt war, stellte sich heraus, das diese zwar ein interessanter Ansatz, allerdings auch völlig fehlerbehaftet ist.
Weitaus problematischer war dabei, dass die lange Entwicklungsphase auch den Zustrom an Drittprodukten einbrechen liess. Der Amiga war zu teuer, wenige besaßen ihn und die angekündigten Zusatzgeräte existierten auch nicht. Viele Entwickler überdachten daher ihre Lage und wechselten lieber zu PC und Apple und gaben Jays Traum einen ersten Tritt. Commodore wurde es zu bunt und sie forderten die Entwickler auf in ein anderes Entwicklunsgbüro an der Ostküste zu wechseln, allerdings waren diese damit nicht einverstanden, was auch nicht unverständlich war. Die meisten Fertigungsstätten standen in Kalifornien und man war am digitalen Puls der Zeit. Neueste Techniken konnten hier sofort genutzt werden. Das Unternehmen löste daraufhin das gesamte Amiga-Entwicklungsteam in Los Gatos endgültig auf. Jay Miner konnte es nicht fassen, dass ein solch gut eingespieltes Team auseinandergerissen wurde. Die Geburtsstätte des Amigas war fort. Zwar erhielten alle weiterhin Verträge, allerdings für beratende Funktionen, die zusätzlich auch noch befristet waren. Zudem trug die fehlerhafte Werbung nicht zum Erfolg des Amigas bei, stattdessen übernahm der PC die weltweite Führung.
Jay Miner fühlte sich wie ein Vater, dessen Kinder nicht den erhofften Weg einschlagen konnten. Die gleichen Gefühle hatte er auch für seine entworfenen Atarimodelle, doch der Amiga war sein bevorzugtes Kind. Als die Produktion des Amiga 500 und Amiga 2000 begann, entwickelte Jay weitere Chips für die Amigamodellreihe, die dem Amiga erweiterte Fähigkeiten bieten sollte. Grundlegende Ideen wurden dabei in dem erweiterten Chipsatz übernommen, der dann im Amiga 500+ und Amiga 3000 Verwendung finden sollte. Allerdings war Miner immer unzufriedener über die vertraglichen, aber auch entwicklungstechnischen Grundlagen bei Commodore. Die Richtung tendierte immer weiter von seinem ursprünglichen Grundgedanken weg. Er erkannte die Zeichen der Zeit und sah ein, dass Commodore auf seine Vorschläge nicht eingehen würde. Das Unternehmen hatte ihm zwar vor Atari gerettet, ist aber mit der Zeit dem Unternehmen immer ähnlicher geworden. Für sie zählte nur der Profit, nicht aber der Geist der Maschine. Dies war der Punkt, an dem Miner das Unternehmen verließ. Er wechselte 1989 zu Ventitrex, einem biotechnologischen Unternehmen in Sunnyvale. Dort arbeitete er an einem Defillibrator, einem Gerät das elektrische Schockimpulse geben konnte und in der Notfallmedizin genutzt wird. Es sollte das letzte Geraät sein, dass Jay Miner entwickeln würde, denn seine Nieren begannen immer schlechter zu arbeiten. Seine Ärzte empfahlen ihm eine Nierentransplantation. Joyce Beers, seine Schwester, zögerte nicht und spendete ihrem Bruder eine Niere, die 1990 auch sofort eingesetzt wurde. Diese half Jay Miner noch weitere vier Jahre zu leben.
Bei vielen Gelegenheiten interessierte er sich noch immer für sein Kind und war auch auf zahlreichen Messen zugegen und war dafür bekannt offen und ehrlich seine Meinung zu den neuesten Produkten zu offenbaren. Dies sollte ihm nicht schwerfallen, schliesslich stand er nicht mehr unter Vertrag und konnte so seinem Ärger auch etwas Luft machen. Er empfand beispielsweise den Einbau einer IDE-Festplatte im Amiga 4000 als großen Fehler, ja, sogar als Rückschritt gegenüber der SCSI-Variante, die zuvor in den Amiga-Modellen Platz fand. Trotz allem war er auch auf diesen Enkel stolz und plante die Anschaffung solch eines Computers. Störend waren für ihn allerdings die nicht verbesserten Soundeigenschaften, da diese seit Jahren auf dem selben technischen Stand waren. Jeder, der Jay Miner einmal kennengelernt hatte, erinnerte sich gern an ihn und es gab bestimmt etliche Jünger des Amiga, die ihm gern die Hand geschüttelt hätten. Doch Jay Miner hatte keine Zeit mehr, diese Menschen kennenzulernen. Am 20.6.1994 versagten seine Nieren endgültig und der große Vater des revolutionären Amiga fand seine letzte Ruhe. Nur wenige Entwickler würden zu solch einem Denkmal innerhalb der Computerszene werden. Einzig Steve Wozniak konnte hier mithalten.
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