Jay Miner

Jack Tramiel war ausser sich, sah er sich doch um seine Chance gebracht einen neuen Computer präsentieren zu können, der Commodore sicherlich Schwierigkeiten bereitet hätte. Sein altes Unternehmen erkannte jedoch, dass sie etwas bekommen hatten, das mehr wert war, als die reinen Chipsätze: sie hatten die dazugehörigen Entwickler, die den Amiga auch weiterführen konnten. Sicherlich konnten das die hauseigenen Ingenieure auch, aber das Amiga-Team war bereits fest zusammengeschweisst und hatten einen Leitwolf: Jay Miner. Deshalb unterstellten sie Jay und sein Team keiner bisherigen Abteilung innerhalb der Firma, sondern ließen sie arbeiten, wie bisher.

RAMJedoch war der Einfluss des neuen Eigentümers deutlich zu spüren. Jay hatte zwar nach wie vor die Kontrolle, allerdings begann der Vorstand mit kleinen Änderungen bezüglich des Computers Forderungen zu stellen. Begonnen hatte es mit einer Kleinigkeit: der Präsident von Commodore dachte an die Möglichkeit das Keyboard in das Gehäuse einschieben zu lassen, damit es auf dem Tisch weniger Stellfläche beanspruchen würde. Wie erwähnt, im Grunde eine Kleinigkeit. Allerdings benötigte diese Designänderung auch Änderungen am Mainboard, die die Veröffentlichung um satte 12 Monate nach hinten warfen. Als dies soweit funktionierte, bestand nun Commodore darauf, dass der Amiga nicht mehr als 256 KByte Speicher benötigte. Dies lag damit zusammen, dass Speicher zu dieser Zeit äusserst kostspielig war. Jay war damit nicht einverstanden und dies auch zurecht, wenn man bedenkt, dass der Amiga mit Grafiken hantieren sollte, die diesen Platz benötigten. Jeden Tag "erfand" Miner weitere Probleme, die eine Reduzierung des RAM mit sich bringen würde. Zuvor hatte Jay Miner dieses Problem bereits einmal lösen müssen. Als der Videospielmarkt zusammenbrach wollten seine damaligen Investoren aus der Konsole einen Computer entwickeln lassen, allerdings nur mit 64 KByte Speicher. Jay verhandelte hart und konnte schliesslich die Investoren davon überzeugen, dass 128 KByte das aboslute Limit wären. Er änderte den Aufbau allerdings so, dass es jederzeit möglich war die Speicherchips auszutauschen und den Amiga wieder auf 512 KByte aufzurüsten. Nun stand er wieder vor dem gleichen Problem. Dave Needle ersann jedoch eine Lösung, die beide Parteien zufrienden stellen würde. Der Amiga 1000 besaß einen Cartridgeport, der Module aufnehmen sollte. Diesen legte er nach vorne und so konnte der Amiga 1000 einfach aufgerüstet werden. Jay Miner war noch immer strikt dagegen und versuchte ein Machtwort zu sprechen. Als er sich sicher war, dass dies die endgültige Antwort wäre, nahm er sich Urlaub und glaubte, das Problem wäre gelöst. Dave Needle übergab seinen Vorschlag allerdings an den Vorstand, die diesen dann auch annahmen und als Jay wieder aus dem Urlaub zurückkehrte, stand er fassungslos vor der Entscheidung. Dieser Umbau kostete erneut sechs Monate, die um so schmerzlicher waren, als es sich herausstellte, das die RAM-Preise gesunken waren und der ursprüngliche Bedarf kostengünstig zu decken war. Zudem erkannte nun auch der Vorstand, dass der Amiga 1000 mit 256 KByte deutlich an Potential verlieren würde, doch nun war es zu spät und der Computer musste mit diesem Manko leben. Von diesen Problemen war die Softwareabteilung nur am Rande betroffen und RJ Mical war selten auf den Fluren, geschweige denn zu Hause anzutreffen. Jay gab ihm seine Freiheiten und dieser schaffte es die gesamte Oberfläche des Betriebssystems fast im Alleingang zu entwickeln.

Debbie Harris und Andy WarholDer Amiga war fertig! Jay Miner und sein Team musste zwar mit einigen Kompromissen leben, allerdings war dies um Längen besser, als die Vorstellung, dass Atari den Amiga zerfleddert hätte. Erhärtete Fronten gab es nur bei der RAM Größe, die ein limitierender Faktor war. Zwar gesellte sich auch die Softwareabteilung auf die Befürworter von 512 KByte, doch der Vorstand änderte seine Meinung nicht mehr. Auch die Diskussion bezüglich des Erweiterungssteckplatz wurde nach langen Verhandlungen beendet. Zu Beginn sollte der Erweiterungssteckplatz auf der Gehäuseoberseite liegen und Erweiterungen auf dem Gehäuse Platz finden lassen. Jedoch einigte man sich auf seitliche Erweiterungen, allein schon aus Kostengründen. Der Amiga wurde ein Traumcomputer schlechthin, seit dem Tage seiner Veröffentlichung. Mit der Eröffnungspräsentation in New York, gemeinsam mit Debbie Harris (Blondie), als auch Andy Warhol, zeigte man die Leistungsfähigkeit des Amigasystems. Dem alten Amigateam war klar, dass es nun auch an der Zeit war Händler und Entwickler direkt zu betreuen, damit weitere Perepherie entwickelt würde. Commodore sah dies jedoch nicht so, waren sie es gewöhnt wichtige Erweiterungen selbst zu entwickeln und den meisten Profit einzustreichen. Daher verbot die Chefetage eine personelle Erweiterung des ursprünglichen Teams und begann sogar Personal aus der Gruppe abzuziehen. Jay versuchte Big C zu überzeugen, dass der Amiga 1000 noch nicht das Ende der Entwicklung sein würde und ein erweitertes Modell mit senkrechten Steckplätzen das System erheblich professioneller aussehen lassen würde. Commodore hatte jedoch zu diesem Zeitpunkt kein Interesse, was wohl auch an den dürftigen Verkäufen lag. Der Amiga war einfach zu teuer und wurde zudem falsch vermarktet. Er hatte seine Ursprünge im Videokonsolenbereich, das Unternehmen wollte den Computer allerdings als seriösen Businesscomputer vertreiben. Eine harte Fehleinschätzung, wenn man bedenkt, zu was der Amiga grafisch fähig war, von seinen Soundeigenschaften ganz zu schweigen. Doch nicht nur kam es, seitens des Unternehmens, zu fatalen Fehleinschätzungen: Commodore, ein seriöses Unternehmen, störte sich zusehend an den Spleens und Ticks der Entwickler, was zur Folge hatte, dass immer mehr Restriktionen eingeführt wurden. Die Hippie-Ära war vorbei.

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