Jay Miner
Wenn es einen Menschen gibt, der als Vater, als Schöpfer einer ganzen Computerserie gibt, dann ist dies mit Sicherheit Jay Miner, der Vater des Amiga. Seinen Lebenslauf zu schreiben ist nur möglich, wenn man seinen Blick auch auf die Geschichte seines Unternehmens Amiga, Inc. richtet. 1932 in Prescott, Arizona geboren, zog er schon bald mit seiner Familie nach Kalifornien und besuchte in San Diego die dortige Universität in Berkeley. Zuvor jedoch leistete Jay seinen Dienst bei der amerikanischen Küstenwache, die sein Talent für Elektronik erkannten und ihn in eine Schule für Elektronik überstellten, die in Groton, Connecticut, lag. In diesem Umfeld lernte er seine zukünftige Frau Caroline Poplawski kennen, die er schon kurze Zeit später ehelichte. Die Dienstzeit von drei Jahren verging, dank Heirat, relativ schnell und Caroline zog mit ihrem Mann zurück nach Kalifornien, um sein Studium zu beginnen. 1959 schloss er dieses mit einem Bachelor of Science in Electrical Engineering and Computer Science erfolgreich ab. Dies erlaubte ihm in den 1960ern bei zahlreichen Unternehmen und Firmen anstellig zu werden, aber auch das Glück mit eigenen Startups zu versuchen. Unter anderem entwickelte er einen ferngesteuerten Herzschrittmacher. Probleme hatte Miner jedoch mit seiner eigenen Gesundheit: die Funktion seiner Nieren war eingeschränkt und Jay verbrachte viel Zeit an Dialysegeräten. Allerdings schien dieses Problem ihn nicht weiter aufzuhalten und in den nächsten Jahren entwarf er mitunter einen der ersten digitalen Voltmeter und Taschenrechner und war seiner Zeit damit voraus.
Harold
M. Lee erkannte das Potential und lud ihn zu Atari ein, wo er sofort
eine Festanstellung erhielt. Das erste Projekt war der Television
Interface Adapter, kurz TIA, der den Grundstein zum Atari VCS 2600 bilden sollte. Atari selbst hatte zuvor mit den ersten Pongautomaten
ein Vermögen gemacht und vertrieb auch schon seit einiger Zeit
Wohnzimmerversionen ihres Spielautomaten. Der Markt schien allerdings gesättigt zu sein
und ein logischer Schritt war demnach ein Modell zu entwickeln, dass
dem Anwender ermöglichte die Spiele auszutauschen und somit immer
neue Anwendungen zu erleben. Jedoch kam Ataris Entwicklungsabteilung
einfach nicht weiter und erst Jays Mithilfe versprach Erfolg. Bisher
besaß Atari lediglich eine Steckplatine voller Funktionen, die aber in
dieser primitiven Weise nicht eingesetzt werden konnte. Jay setzte
sich an das Problem und vereinte sämtliche Funktionen in einen Chip,
den er eben TIA taufte. Mit seiner Hilfe und einer kurzen Zeit des
Debugging war das Problem gelöst und Atari konnte das VCS 2600 auf
den Markt bringen, dass zu einem unglaublicher Erfolg und Beginn der
modernen Computerspielindustrie wurde. Als Anekdote sei darauf
hingewiesen, dass Jay niemals allein arbeitete und dafür stets seine
engste Mitarbeiterin an seiner Seite wusste: Mitchy. Mitchy war ein
Cockapoo, ein Mischling aus Pudel und Cocker Spaniel und besaß,
ebenso wie sein Herr ein eigenes Namensschild an der Tür. Vielleicht
ist dies der erste geschichtliche Hinweis auf einen
nicht-menschlichen Computerentwickler, denn Mitchy war
entscheidungsbefugt. Wusste Jay einmal nicht, wie die
Weiterentwicklung eines Projektes von statten gehen sollte, zeigte er
die Entwürfe seinem Cockapoo. Knurrte Mitchy einen der Entwürfe an,
wanderte dies ohne weiteres sofort in den Papierkorb. Der Hund war
die letzte Instanz.
Das gemeinsame Entwicklungsteam bastelte in der Folgezeit an den weiterführenden Entwürfen des TIA, die in später in den 8 bit-Computern des Unternehmens arbeiten sollten. Jay entwarf dafür den ANTIC-Chip (Alphanumeric Television Interface Controller), der 1981 patentiert wurde. ANTIC beherrschte 14 unterschiedliche Modi zur Darstellung von Text und Grafik und half dem MOS 6502 Prozessor bei der Verarbeitung der Daten. Im weitesten Sinne konnte man ihn als grafischen Coprozessor bezeichnen. Miners Vorarbeiten führten zusätzlich auch zum CTIA, der die verarbeiteten Grafiken und Texte dann an den Monitor ausgab. Der ANTIC verblieb bis 1986 in sämtlichen 8 bit Modellen des Unternehmens. Dies spricht wohl für sein vorzügliches Design, das keine Änderungen notwendig machte. Allerdings muss man hierbei auch erwähnen, dass Jay seine Entwürfe noch per Hand auf Papier brachte und so beschrieb, dass wohl nur er die Skizzen wirklich verstehen konnte. Nachfolgende Bearbeitungen durch Dritte waren kaum möglich.
Allerdings
war Jay Miner nicht sonderlich glücklich, denn er interessierte sich
für die neuen Motorola 68000 Prozessoren, die auf reiner 16 bit
Basis arbeiteten. Jay fragte bei Atari nach, ob er einen Computer
entwickeln dürfe, der auf diesem Chip basierte. Atari selbst war
nicht sonderlich begeistert: die Entwicklung des Atari 800 hatte
enorme Summen verschlungen und das Unternehmen sah keinen Sinn in
einem Computer, dessen Prozessor bereits 100 $ kostete, von den
Kosten für den Arbeitsspeicher ganz zu schweigen. Der Motorola 68000
Prozessor benötigte die doppelte Menge an Speicher, was
eben auch die Kosten verdoppelte. Diese uneinsichtige Einstellung der Führung,
die die Zeichen der Zeit nicht verstanden, enttäuschte Miner
gewaltig und kurzerhand kündigte er seine Zusammenarbeit 1982 auf.
Statt dessen unterschrieb er bei einem Unternehmen für
Herzschrittmacher. Die Entwicklung seines 16-bit-Konzeptes
entwickelte er dieser Zeit jedoch weiter, allerdings zumeist in
Details, denn die Grundkonzept war bereits fertig entwickelt.
Ein paar Jahre früher, 1980, entschied sich auch Larry Kaplan über seine Zukunft bei Atari Gedanken zu machen. Gemeinsam mit ein paar weiteren Entwicklern war er über die Bezahlung nicht sonderlich erfreut und fragte den Vorstand nach einer Gehaltserhöhung, die ihm natürlich nicht gewährt wurde, obwohl Atari mit seinen Spielen Millionen verdiente. Wie Miner, verließ auch Kaplan das Unternehmen und gründete, gemeinsam mit den ebenfalls ausgestiegenen Programmierern Activision. Nach zwei Jahren rief er 1982 seinen alten Kollegen Jay Miner an und klagte, das Activision auch nicht seinen Vorstellungen entsprach. Er wollte eine neue Firma gründen und fragte Jay, ob er einen passenden Anwalt kennen würde, der ihm bei der Gründung beratend zur Seite stand. Statt nun im weiten Umfeld zu suchen, arrangierte Jay ein Treffen zwischen Kaplan und seinem eigenen Firmenchef bei Xymos. Dieser half ihm mit dem notwendigen Gründungsplan. Des weiteren verschaffte er ihm Investoren, die selbst daran interessiert waren eine Videospielkonsole auf den markt zu bringen. Der Videospielmarkt hatte eben noch nicht seinen Höhepunkt erreicht und war noch nicht über Nacht zusammengefallen. Als Gegenleistung für die Existenzgründung sollte Xymos im übrigen die Chips für das System fertigen.
Nach Jays Idee sollte die Konsole allerdings jederzeit zu einem echten Computer ausgebaut werden können, wenn der Anwender dies wollte. Kaplan sollte dabei die passende Software entwickeln, während Jay federführend bei der Hardware war. Auch Kaplan mochte die Idee, den Rechner ausbauen zu können, verschwieg den Investoren allerdings diese Option, womöglich aus dem Grund, dass Computer zu der Zeit auf dem Massenmarkt einfach nicht so gefragt waren, auch wenn bereits ein kleiner Interessenkreis bestand, der stetig wuchs. Dieser hatte jedoch bei weitem nicht die Kaufkraft einer Intellivision oder VCS 2600.
Für Jay Miner war die Entscheidung endgültig gefallen und er zog schlußendlich nach Santa Clara, um sein eigenes Computerprojekt zu realisieren. Jedoch stellte Miner klare Forderungen: er erhielt ein monatliches Gehalt, ein Aktienpaket und seine persönliche Assistentin: Mitchy. Die Hundedame erhielt vollen Zutritt zu den Räumen den Unternehmens. Allerdings existierte eine Klausel, die besagte, dass ihre Zungangsberechtigung jederzeit wieder entzogen werden konnte, wenn sich Mitarbeiter durch sie gestört fühlten, was allerdings nie passierte, da Mitchy bei den Mitarbeitern sehr beliebt war. Jay war dieser Punkt sehr wichtig, er brauchte Mitchy um sich, um sich bei seiner Arbeit wohl zu fühlen. Dies lockerte und beruhigte ihn und er konnte sich voll auf seine Arbeit konzentrieren, die ihm ebenfalls sehr am Herzen lag.
Bevor
jedoch auch nur die erste Steckplatine begonnen wurde, stieg Kaplan
bereits wieder aus seiner eigenen Firma aus. Jay Miner wurde im
selben Augenblick Vizepräsident eines Unternehmens, das bisher nur
auf dem Papier bestand. Die Projektentwicklung lag nun völlig in
seinen Händen. Auch ein Name wurde nun benötigt und man einigte
sich auf Hi-Toro. Das beschauliche Büro in Santa Clara wurde
geschlossen und Hi-Toro zog ins Mekka der Elektronikindustrie:
Silicon Valley. Das neue Unternehmen ließ gleich verlauten, dass es
sich personell vergrößern wollte, doch in den ersten Zeiten waren
die Bewerber mit einer Hand zu zählen. Dies lag sicherlich nicht
daran, dass Hi-Toro ein Startup-Unternehmen war, diese gab es zuhauf
in Silicon Valley. Vielmehr lag es an dem Unternehmensnamen selbst,
den unter einem ähnlichen Namen existierte auch eine Firma für
Rasenmäher. Gemeinsam mit Dale Luck, der trotz des Namens sich nicht
beirren liess (und wohl die Stellenanzeige komplett gelesen hatte...)
suchte man nun nach einem passenderem Namen. Mithilfe der Investoren
änderte man den Namen in Amiga, Inc. um. Jay selbst war zu Beginn
überhaupt nicht begeistert über den Namen, korrigierte aber schon
bald seine Meinung. Er selbst glaubte zu dieser Zeit, dass ein
spanisches Wort bei den potentiellen Käufern falsche Assoziationen
wecken würde.
Zurück zum Einzelpersonenmenu |