Chuck Peddle

Wie auch immer Chuck Peddle diesen Preis aufgefasst hat, dem Vorstand von Motorola schmeckte dieser überhaupt nicht. Auch die Entwicklungsmannschaft bei Motorola war nicht bereit einen verbesserten Chip zu konstruieren, schon gar nicht aus dem Grund, als das der Prozessor sich durchaus verkaufte. Peddle dachte jedoch nicht nur an Unternehmen, die große Mengen kaufen würde. Er war davon überzeugt, das ein Mikroprozessor auch ein weiteres Umfeld ansprechen würde und warb dafür an zahlreichen Stellen. Motorola selbst verlor die Geduld und überreichte Peddle eine schriftliche Verwarnung, die ihn aufforderte dieses Ziel nicht weiter zu verfolgen. Chuck reagierte gelassener als manch anderer und zog die Konsequenzen, er kündigte seine Arbeit auf und konzentrierte sich auf sein eigenes Projekt: eine Weiterentwicklung des Motorola 6800. Glücklicherweise konnte er Bill Mensch und fünf weitere Entwickler ebenfalls davon begeistern Motorola zu verlassen und einen eigenen Weg zu gehen. Gemeinsam fanden sie ein neues Wirkungsfeld bei John Pavinen, einem alten Kollegen aus ihren gemeinsamen Zeiten bei General Electric, der nun seine eigene Fabrikationsstätte, namens MOS Technologies, gegründet hatte.

MOS TechnologyChuck war noch immer besessen von der Idee eines Prozessors, der nicht mehr als 25 $ kosten sollte. Er gab den Ingenieuren eine Liste, die Funktionen beinhaltete, die der Chip beherrschen sollte. Um den Prozessor dabei aber in den Dimensionen nicht ausufern zu lassen, gab er die genaue Größe vor. Dies war jedoch nicht ein wirkliches Problem, denn Chuck wollte nur die Funktionen im Chip implementieren, die von den Konsumenten auch wirklich genutzt wurden. Alle weiteren Befehle wären, seiner Meinung nach, unsinnig gewesen. Hilfreich war ihm bei der Entwicklung die Mitarbeit am Motorola 6800 und einige Details wurden auch übernommen, allerdings nur jene, die keine Patente des Rechtsinhabers verletzen würde. Als Chuck und sein Team die Lötkolben beiseite gelegt hatten, ahnten sie sicherlich nicht, dass sie einen Prozessor geschaffen hatten, der in mehr Computern seinen Anwendern Freude bereitete, als der Motorola 6800 jemals verbaut werden würde. Für sie war es lediglich eine modifizierte und verbesserte Version des Vorgängermodells.

Um diesen auch effektiv produzieren zu können, mussten neue Fertigungsschritte in der Produktion eingeführt werden. MOS Technologies war ein kleines Unternehmen, im Gegensatz zu Motorola oder Intel, und konnte sich die übliche Ausschussrate von bis zu 70% nicht leisten. Das neue Programm verbesserte die Ausbeutungsrate erheblich und die Ausschussrate verringerte sich auf 30%. Durch die verbesserte Produktion fielen auch weniger Kosten an und Chuck war seinem Traum ein Stück näher gekommen.

MOS 6501Doch noch immer fehlten Abnehmer und Peddle sah sich wieder gezwungen in anderen Unternehmen vorstellig zu werden. Statt nun jedoch alle Firmen einzeln zu besuchen, zog er es vor die bevorstehende Western Electronics Show 1975 zu nutzen und direkt vor Ort seine Chips zu verkaufen. Kurz vor der Eröffnung der Veranstaltung erklärte man Peddle allerdings, dass es nicht gestattet war, Produkte direkt auf der Show zu verkaufen. Chuck zögerte nicht lang und mietete in einem nah gelegenen Hotel ein Zimmer und setzte seine Frau an einem Tisch, auf dem zwei Gläser voller MOS 6501 Prozessoren standen. Chuck Peddle wusste, das beim Verkauf einzig die Optik zählte: eine attraktive Frau mit einer Unzahl von günstigen Chips, der Traum eines jeden Computerbegeisterten dieser Zeit. Was diese jedoch nicht wussten war die tatsache, das die Prozessoren im unteren Teil der Gläser samt und sonders defekt waren! Dem Verkauf hatte es allerdings nicht geschadet.

Vielmehr hatten sie das Auge ihres einstigen Arbeitgebers, Motorola, auf sich gelenkt, die nun erst erkannten, was es mit Chuck und seiner Verbesserung auf sich hatte. Unternehmen dieser Größe ärgern sich jedoch nicht nur, sie ärgern auch die ehemaligen Angestellten: das Unternehmen verklagte MOS (und damit auch Chuck Peddle) wegen Patentrechtsverletzungen. Peddle hatte nichts zu befürchten, hatte er doch bereits von Beginn an darauf geachtet, dass Motorola keinen Angriffspunkt nutzen könnte. Leider sah Allen Bradley, der damalige Besitzer von MOS Technology, die Sachlage anders und wollte seinen Kopf für das kleine Unternehmen sicherlich nicht riskieren. Er stieg aus dem Unternehmen aus und die Geschäftsführung hatte nun keinen Verantwortlichen mehr. MOS Technology wollte jedoch nicht erneut einen fremden Unternehmensleiter und begann nun Kredite aufzunehmen.

Um den Rechtsstreit beizulegen, kam Chuck nun auf die Idee den MOS 6501 weiterzuentwickeln und darüberhinaus auch nicht pin-kompatibel zum Vorgänger zu machen, einfach nur, um Motorola jegliches Argument für eine Anklage zu entziehen. Dabei musste sich Peddle nicht einmal sonderlich zu diesem Schritt zwingen, schliesslich war der 6501 nur eine Technologiedemonstration gewesen. Dennoch dauerte der Rechststreit noch viele Jahre an und schlußendlich zahlte MOS 200.000 $, um die Klage endgültig ruhen zu lassen. Und das alles für einen Prozessor, der so nie auf den Markt kommen sollte, jedenfalls nicht auf dem industriellen Markt, sondern lediglich bei Hobbyanwendern.

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