Sid Meiers Pirates!

BettlerSid ahnte wahrscheinlich, dass Spieler nicht nur eine eigene Karriere starten, sondern sicherlich auch berühmte Kommandos jener Zeit nachspielen wollten. Dafür gab es den Menu Punkt „Berühmte Expeditionen“, die es dem Spieler erlaubten mit der Ausstattung eines Sir Francis Drake oder Henry Morgan durch die Karibik zu schlendern.

Wie auch im richtigen Leben gab es am Ende immer eine Abrechnung. Hatte man ein bestimmtes Alter erreicht oder wurde zu oft mit dem Degen gekitzelt, war auch Pirates! dem Ende nahe. Das Spiel listete säuberlich alle Errungenschaften auf und präsentierte dem gespannten Spieler, was aus seinem Alter Ego geworden ist. Die Palette reichte dabei vom Bettler bis zum Berater des Königs. War man nicht zufrieden damit, konnte eine neue Runde sicherlich ein besseres Ergebnis zustande bringen…

Für Sid war Pirates! auch eine willkommene Abwechslung, wenn man die bisherigen Spiele betrachtet. Dies lag aber auch an Bill Stealey, der mit ihm zusammen MicroProse gegründet hatte. Stealey selbst war Pilot und hatte ein hohes Interesse an der Simulation von militärischen Fahrzeugen. Daher war er auch nicht sonderlich begeistert, als Sid ihm die Idee eines Spieles über karibische Freibeuter vorstellte. Er zweifelte, dass die bisherigen MicroProse Kunden, die das Unternehmen ausschließlich als Simulator-Spezialisten kannten, das Spiel kaufen würden. So kam Bill Stealey auf die Idee Sids Namen vor dem des Spiels zu setzen. In der relativ kleinen Welt der Games hatte Sids Name bereits Gewicht und Stealey hoffte durch diese Maßnahme einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften.

Bill hatte nicht an einen großen Erfolg geglaubt. Eher verwundert schien er sich die Augen zu reiben, als Pirates! in sämtlichen Computermagazinen äusserst gut abschnitt. Besonders gelobt wurde das offene Prinzip, das keine Spielweise (Handel, Seegefechte oder Duell) bevorzugte. Es wäre mühselig alle gewonnenen Preise und Auszeichnungen aufzuzählen. Viel einfacher wäre es, jene zu nennen, die das Spiel nicht bekam.

Die C64 Version erschien vor allen anderen Versionen, was nicht verwundert, war dieser Computer doch auf dem Zenit. Wie auch in anderen Werken Sids war der Sprung zu leistungsfähigeren Programmiersprachen, während der Entwicklung auf dem C64, noch nicht vollzogen. Einige Programmteile sind dabei weiterhin in BASIC vorhanden. Dennoch konnte die Version überzeugen, was nicht zuletzt an den zahlreichen Grafiken und Animationen lag, die zu dieser Zeit nicht zum Standard gehörten. Viele C64 User nutzten einen kleinen Trick, um sich schnell zahlreiche Groß-Schiffe zuzulegen: nach dem Kampf schaltete der gewiefte Spieler das Diskettenlaufwerk aus und wieder an. Der nächste Kontakt war erneut das vorige Schiff...

Noch im selben Jahr verliessen die Apple II und die PC Version die Werkshallen. Interessant an der PC Version war das Diskettensystem. Statt, wie üblich und bekannt, das System von Diskette aus zu starten, lud sich das Programm nach dem Einschieben der Diskette automatisch. Beim Amiga war dies ein bekanntes Feature, der PC nutzte diese Möglichkeit selten. Es sollten übrigens noch drei Jahre vergehen, bis der Amiga auch eine Version laden durfte. Zuvor wurden noch der Apple IIgs, Apple Macintosh und sogar der Amstrad CPC bedient (alle 1988). Selbst der Atari ST musste noch bis 1989 warten, bis auch er zum Seegefecht starten durfte. Letzte Version des ursprünglichen Klassikers war das 1991 erschienene Nintendo NES Modul, das zu dieser Zeit optisch nicht mehr gefallen konnte, für NES Verhältnisse jedoch gelungen war.

Pirates! hatte eine starke Fan Base und noch  Jahre später wurde Sid oder MicroProse nach Pirates! gefragt. 1993 hatte das Unternehmen endlich ein Einsehen und präsentierte einen optisch aufgewerteten Nachfolger für die Systeme PC (DOS oder Windows 3.1) und Sega Mega Drive unter dem Namen Pirates! Gold. Nur ein Jahr später hatten auch Amiga CD32 Besitzer das Glück in der Karibik noch einmal ein Vermögen zu erbeuten. Gegenüber der PC und Mega Drive Version besaß die Commodore Konsole verbesserte CD Tracks als Musikuntermalung. Dennoch konnte keine der Gold Varianten wirklich überzeugen. Die aufpolierte Grafik und der verbesserte Sound waren keine wirkliche Kaufentscheidung. Pirates! Gold wirkte unfertig. Dies konnte den Erfolg des Spielprinzips nicht mindern und die nächsten Jahre fanden sich digitale Pirates immer wieder in der Karibik ein. Erst 2004 erschien ein Nachfolger des Spiels und wieder war Sid daran beteiligt. Da MicroProse nicht mehr existierte, veröffentlichte Meiers Unternehmen Firaxis Games das Spiel unter dem Atari Label. Die grafische Präsentation wurde erheblich verbessert und war einem lebendigen Comicbuch nicht unähnlich. Im Detail wurde das Konzept weiterentwickelt, ohne dabei jedoch die Wurzeln zu beschneiden. Das Remake wurde zu einem würdigen Nachfolger, der ebenso begeistern kann, wie das Orginal.

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