Commodore Plus/4
Prozessor und Taktrate | MOS 7501 (1,76 MHz) | |
---|---|---|
Arbeitsspeicher | 64 KByte | |
ROM | 64 KByte | |
Grafikchip | TED | |
Auflösung bei maximalen Farben | 320 x 200 (121 Farben) | |
Soundchip | TED | |
Soundkanäle | 2 (4 Oktaven) | |
Gehäuseform | Tastaturgehäuse | |
Laufwerke | Datasette im Bundle enthalten | |
Anzeige | TV | |
Erweiterbar mit | Floppylaufwerk, Drucker, Datasette | |
Erscheinungsdatum/ ggf. Neupreis | 1984 | |
Betriebssystem | BASIC 3.5 | |
Besonderheiten | Bewertung |
Mit dem Abgang von Jack Tramiel aus dem Hause Commodore wurden zahlreiche Entwicklungen, die die Beta-Phase bereits erfolgreich verlassen hatten, eingestampft. Darunter zählte auch die Entwicklung neuer 8bit-Modelle, die dem VC20 und C64 folgen sollten. Als Konkurrenz zum Sinclair ZX81, der in Großbritannien vor allem durch seinen Preis erfolgreich war, entwickelte man zum Einen den Commodore 16, der aus dem Projekt Modell 232 / 264 entstanden war. Aus der gleichen Modellreihe entstand nun auch noch der Plus/4, der in der "Black Edition" Reihe 264 das beste Gerät darstellen sollte. Zwar hatte der Plus/4 mit dem eigentlichen High-End Modell namens V364 nichts gemein, dennoch beerbte er seinen Titel. Die neue Chefetage ohne Tramiel proklamierte den Plus/4 nun als neues Flaggschiff der Serie und versprach einen Computer für professionelle Ansprüche. Entwickelt wurde der Plus/4, wie auch schon der C16, von Bill Herd, dessen bestes Werk der C 128 darstellte.
Dieser Anspruch (Profi-Flaggschiff) sollte vor allem durch die bereits integrierten Programme bestätigt werden, die der Käufer mit dem Computer erhielt. Commodore machte vor allem darauf aufmerksam, dass Software nun bereits im Computer, vielmehr im ROM, verankert war, und deshalb nicht mehr von Laufwerken aus geladen werden musste. Mit vorinstallierter Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Dateiverwaltung und Malprogramm waren alle wichtigen und vor allem sonst kostenintensiven Programme bereits mit an Bord. Und auch die Hardware war den damals aktuellen Anforderungen gewachsen: 64 KByte RAM, MOS 7501 mit 1,76 MHz und 121 Farben bei einer Auflösung von 320 x 200 Pixel schien auch den letzten C64-Fan zu überzeugen.
Doch wie so oft bei Commodore war hier mehr Schein als Sein. Der MOS 7501, der auf dem legendären MOS 6502 basierte, überzeugte zwar mit einer hohen Taktfrequenz gegenüber dem Orginal. Diese konnte er jedoch selten ausspielen, da der notwendige Systembus nicht nur für den Prozessor bereitstand, sondern auch für den Spezialchip TED. Dank TED halbierte sich die Taktfrequenz auf 0,89 MHz. TED selbst sollte als All-in-One-Lösung für Grafik, Sound und I/O dienen. Commodore wollte so erneut die Kosten eines Systems senken. Hier kam jedoch ein fataler Fehler zustande: der TED beherrschte keine Sprites. Lediglich unter BASIC war es möglich diese mit den ähnlichen "Shapes" zu emulieren. Da dies nicht in Hardware geschah, war die Leistung somit dürftig, hatte doch die CPU diese Aufgabe zu meistern. Bei halbierten Takt war damit die Leistung erheblich unter der des Vorgängers C64 zu platzieren. Laut Bill Herd war der TED eigentlich für ein absolutes Low-End System entwickelt worden, das in Konkurrenz zum Sinclair ZX 81 stehen sollte. Erst das Management kürte ihn zum neuen "Auserwählten" innerhalb der 264 Reihe.
Dennoch glaubte man bei Commodore fest an das System. Es störte auch niemanden, dass die Joystickports ebenso vom de-facto Standard abwichen, wie auch der Anschluss der Datasette. Man war sich sicher, dass die restliche Peripherie (wie Diskettenlaufwerke) durchaus genügen würde. Und schließlich befand sich bereits die wichtigste Software an Bord.
Als das Modell Ende 1984 in den Geschäften erhältlich war, warteten viele Interessenten (und wohl auch Commodore) erst einmal auf die Testberichte zahlreicher Computermagazine. Schon der erste Satz in der C't Ausgabe 3/1985 (als Beispiel) warnte vor und sollte vernichtend wirken: "...er ist kein Ersatz für den C64, Commodores meistverkauftes Modell, dessen herausragende Sound- und Sprite-Möglichkeiten ihn nach wie vor für Spieleprogrammierung prädestiniert erscheinen lassen." Der Redakteur hatte damit bereits die wichtigste Klientel beschrieben (für Commodore?) und dieser somit auch von dem Modell abgeraten. Commodore sah sich noch immer in der Rolle eines Business Computer Herstellers. Diese Zeiten waren, vor allem durch den VC20 und C64, jedoch lange vorbei.
Schlimmer noch: die oberste Konzernetage verstand die Hauptkäuferschicht in keinster Weise. Sie sahen sich als seriöses Unternehmen und nicht als Spielbetrieb. Sicherlich war man sich der Tatsache bewusst, dass Spieler als Haupteinnahmequelle dienten, dennoch störte man sich an dieser Klientel. Business Computer standen in Büros, keine Homecomputer. So gab Commodore auch deutlich zu verstehen, dass der Plus/4 ein Proficomputer sei. Doch scheinbar verstand das Unternehmen auch diese Käuferschicht nicht wirklich oder nahm man tatsächlich an, dass in den Büros der Zukunft ein Commodore Plus/4 stehen würde? Das Argument der mitgelieferten Software erwies sich in diesem Zusammenhang als absoluter Rohrkrepierer, da kein Programm auch nur im Ansatz überzeugen konnte.
Commodore konnte nicht ernsthaft in Betracht gezogen haben, dass ein seriöser Anwender seine Daten
- in einer Textverwaltung nutzt, die maximal 99 Zeilen zu je 77 Zeichen zulässt
- einer Tabellenkalkulation anvertraut, die nur 17 Spalten mit 50 Zeilen besitzt
- in eine Datenbank schreibt, die gerade mal 999 Einträge besitzt (mit 17 Feldern und maximal 38 Zeichen)
- mit einem Malprogramm verbindet, dass Textdarstellungen nur aus der Datenbank zulässt.
All die genannten Punkte waren für ein ernsthaftes Unternehmen als Kaufinteressenten absolut indiskutabel. Zudem verlangten einige Programme ein Diskettenlaufwerk, dass im Bundle gar nicht vorhanden war. Hatten Unternehmen Interesse an einem Computer, waren meist IBM PCs die einzige Wahl, bezüglich der Leistung und der vorhandenen Software. Doch Commodore wollte mit allen Mitteln diesen Markt aufbrechen. Frei nach einem Filmzitat kam Commodore mit einem stumpfen Messer zu einer Schiesserei. Dennoch waren die potentiellen Unternehmen nicht das entscheidende K.O. Kriterium, denn auch den C64 nahm eine andere Käuferschicht dankend an. Vielmehr besaß der Plus/4 keine Vorteile gegenüber C64, was vielleicht noch als preiswerte Alternative hinnehmbar gewesen wäre. Doch der Plus/4 war völlig inkompatibel zu seinen Vorgängern (dabei bezeichnete das Unternehmen diesen als Nachfolger des VC20)! Commodore verzichtete damit auf eine bereits etablierte Bibliothek an Programmen, die die Nachteile des Rechners erheblich abgemildert hätte. Dies bedeutete im Klartext, dass erst Software programmiert werden musste. Auf einem Rechner, den ohne Software keiner haben wollte (und der sich zudem leistungstechnisch hinten anstellen musste).
Da halfen auch die wenigen positive Argumente nur wenig. Das BASIC in der Variante 3.5 war dem des C64 (Version 2, dass es bereits seit dem VC20 oder CBM 3000 gab) beispielsweise deutlich überlegen. Endlich konnte BASIC auch Sound- und Grafikbefehle nutzen, sowie den Joystick ohne Probleme abfragen. Des Weiteren besaß das Modell einen UART-Chip, der dem Plus/4 ermöglichte auch ein High-Speed Modem zu nutzen. Dies war auch mit einem C64 möglich, dort allerdings nur mittels einiger technischer Kniffe. Jedoch verwendete zu dieser Zeit kaum jemand Modem, das schneller als 1200 Baud war. Somit war das gesamte Konzept sinnlos.
Der Plus/4 verschwand nicht nur relativ schnell wieder, er sank regelrecht wie Blei im Wasser. Nicht einmal die Supermarkt-Ketten, die sonst gern jeden Ramsch noch versilberten wurden wirklich alle Modelle los. Nur einer dürfte wirklich gelacht haben: Jack Tramiel. Nach seinem Abgang und den Aufkauf von Atari konnte er mit gewisser Befriedigung sehen, dass sein altes Unternehmen ohne ihn scheinbar verloren war. Denn auch das erste Duell im neuen 16bit Markt ging an Atari: das Unternehmen präsentierte den Atari ST noch vor seinem Rivalen: den Amiga.