Infocom

1984 begann das Unternehmen, das jetzt selbst zu den Urgesteinen der Branche gehörte, erhebliche Ressourcen in ein neues Geschäftsfeld zu transferieren. Dieses sah vor, dass Infocom nun auch in den Business-Sektor wachsen sollte. Schon zur Geschäftsgründung war den meisten Mitarbeitern klar, dass Spiele lediglich das Sprungbrett für das Unternehmen sein sollten und man mit der Zeit in einem "seriösen" Sektor Fuß fassen wollte. Zork wählte man als erstes Produkt, da es bereits fertig programmiert war und somit keine unnötigen Ressourcen verschwenden würde. Da das Spiel aber überaus erfolgreich war, war es unmöglich nicht weiterhin Spiele zu produzieren. Doch noch immer war der Wunsch zugegen ernsthafte Software produzieren. Das Hauptkriterium dabei war, dass Business Programme erheblich mehr Profit erwirtschaften konnten, da ein Unternehmen immer bereit waren mehrere 1000 $ zu bezahlen, wenn das Produkt Ihnen half.

Infocom hatte genügend Ressourcen geschaffen, um nun auch diesen Schritt zu wagen. Ihr erstes Produkt sollte dabei eine einfach zu handhabende Datenbank werden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Datenbanken lediglich für professionelle Anwender nutzbar. Genau hier wollte Infocom ein Haken: eine Datenbank, die auch von Nicht-Programmierern genutzt werden konnte. Marktführer war zu dieser Zeit dBase II, ein mächtiges Programm, das allerdings nur von geübten Händen bedient werden sollte. Selbst einfachste Aufgaben benötigten eine äußerst komplexe Kommandozeileneingabe. Infocom wollte dagegen ein Produkt entwickeln, das schnell zu erlernen, allerdings ebenso mächtig war, wie der Marktführer.

Infocom selbst war klar, dass sie zu wenige Mitarbeiter für dieses Projekt hatten und stellten eine Großzahl von neuen Arbeitskräften ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen weit über 100 Mitarbeiter. Die Entwicklung des Programms machte gute Fortschritte, kostete allerdings Unsummen: die Profite der letzten Jahre schmolzen immer weiter und man sah sich genötigt Kredite aufzunehmen. Die monatlichen Gewinne, die die Spiele einfuhren transferierte man sofort in das neue Projekt und zahlreiche Angestellte der Spielerabteilung sahen das mit Sorge: zu Recht!

Cornerstone von InfocomWie auch die Spiele, sollte die Datenbank, die nun den Namen Cornerstone trug, nicht als eigentliches Programm auf dem Computer arbeiten. Stattdessen nutzte man die Z-Machine und ließ damit das Programm über einen Interpreter arbeiten. Infocom hoffte dabei, wie auch bei den eigenen Spielen, ein Produkt zu entwickeln, das auf allen Computern arbeiten würde, jedoch nur einmal geschrieben werden musste. Es zeigte sich jedoch, dass Z-Machine dafür gänzlich ungeeignet war und man begann eine neue Version für dieses Produkt zu entwickeln. Die Entwicklungsplattform dabei war der PC und die weiteren Portierungen des neuen Interpreter sollten beginnen, wenn die PC-Version veröffentlicht wurde.

1985 kam Cornerstone auf den Markt und wurde von allen Seiten gefeiert. Sämtliche Befehle wurden über ein innovatives Menü gesteuert und das Programm besaß Funktionen, die noch nie zuvor in einer Datenbank verfügbar waren. Das Programm bot eine Funktion, die Befehle automatisch zu Ende schrieb, noch bevor der Anwender die Eingabe komplettiert hatte. Professionelle Zeitschriften drängten den Anwender förmlich zum Kauf von Cornerstone, zumal das Programm lediglich eine Diskette benötigte und somit lästige Diskettenwechsel unnötig machte.

Cornerstone hatte jedoch einen gravierenden Haken: die Geschwindigkeit. Dies lag eine Emulation durch eine virtuelle Maschine, die niemals die Geschwindigkeit eines echten Computers erreichen konnte. Wurde nur simple Operationen benötigt, war das Geschwindigkeitsproblem marginal. Wuchs jedoch die Datenbank, wie auch die Anforderungen des Anwenders, brach das Tempo erheblich ein. Vor allem im Vergleich mit dBase III, dass zur gleichen Zeit veröffentlicht wurde, war Cornerstone deutlich langsamer.

Zudem konnten geübte Anwender aus dem Konkurrenzprodukt individuell angepasste Datenbanken erstellen, die auch selbst lauffähig waren, was mit Cornerstone nicht möglich war. Bei allen den Komfort, auf denen die Entwickler Wert gelegt hatten, hatten sie jedoch nicht an die Möglichkeit gedacht, dass Anwender ihre Datenbanken selbst definieren wollen würden.

Ein weiterer großer Fehler von Infocom war, dass sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt hatten. Es zeigte sich bereits seit einiger Zeit, dass der IBM PC den Markt der Business Computer über kurz oder lang dominieren würde. Portierungen auf andere Computer wären somit nicht nötig gewesen und Cornerstone hätte speziell auf dem PC abgestimmt werden können. Jetzt litt das Programm unter einer unzumutbaren Geschwindigkeit.

Als Pech erwies sich zudem, dass 1985 der Markt der Geschäftscomputer zeitweise einbrach und viele Firmen und Anwender nicht bereit waren erhebliche Summen für eine neue Software auszugeben. Cornerstone wurde zu einem Desaster: lediglich 10.000 Einheiten konnte Infocom absetzen, nicht genug, um die Entwicklungskosten auch nur annähernd zu decken, auch wenn der Verkaufspreis bei günstigen 495 $ an lag (zu diesem Zeitpunkt war das ein Schnäppchen). Als dem Unternehmen klar wurde, dass dessen Existenz auf dem Spiel stand, lenken sie den Verkaufspreis drastisch auf 100 $ und entfernten sogar in Kopierschutzmechanismus! Doch es war zu spät: der Markt überging Cornerstone.

ActivisionInfocom selbst wandte sich wieder dem Spielesektor zu, doch auch dieser hatte sich in den Jahren geändert. Mit dem Aufkommen der 16 Bit Computer wuchs auch die Nachfrage nach grafischen Finessen und kaum noch einer nahm Notiz von Textadventures, wie gut sie auch waren. Infocom selbst konnte sich nicht mehr halten und wurde am 13. Juni 1986 von Activision geschluckt und Bruce Davis übernahm die Kontrolle. Nach seinen Vorstellungen musste Infocom acht Spiele pro Jahr entwickeln und der weitergehende Verkauf alter Spiele wurde gestoppt, umso den Verkauf neuer Spiele zu fördern. Dieser Schritt war zu jener Zeit logisch, da die alten Spiele sich noch immer recht gut verkauften, allerdings dadurch den Verkauf neuer Spiele bremsten. Im Nachhinein betrachtet bei dieser Schritt eine Fehler, schließlich spülten die alten Spiele noch immer beträchtliche Summen in die leeren Kassen. Schlussendlich half alles nichts und 1989 schloss Activision endgültig die Pforten von Infocom, das Textadventure war, bis auf wenige Ausnahmen endgültig Geschichte. Eine falsche Firmenpolitik und das konsequente Festhalten an einem Spielgenre konnte kein Spielehersteller auf Dauer verkraften.

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Bild von Steve Turner und Andrew Braybrook mit freundlicher Genehmigung von der Seite www.nemmelheim.de