Jack Tramiel

Mit der eigenen Herstellung von den benötigten Schaltkreisen konnte Commodore den Kampf wieder aufnehmen. Später einmal sagte er, dass er von diesem Zeitpunkt an wusste, dass der einzige Weg im Geschäft zu bleiben der war, ihn komplett zu kontrollieren. Um sich auch weiterhin abzusichern und einen eventuellen neuen Markt zu erschließen, war dabei auch interessiert Apple aufzukaufen und traf sich mit den beiden Gründern 1976. Tramiel war ein Geschäftsmann, der ohne Hemmungen und brutal handelte, wenn es um Geschäfte ging und Tramiel und Apple wurden sich nicht handelseinig. Nach späteren Aussagen von Chuck Peddle, dem damaligen Chefdesigner bei MOS ging es, historisch betrachtet, um die läppische Summe von 50.000 $, an denen der Deal scheiterte. Hätte Tramiel es richtig gemacht und wäre darauf eingegangen, hätte Apple als Unternehmen, in dieser Form, nie existiert und wäre in Commodore aufgegangen. So wurde es, bereits ein Jahr später, zu einem der schwersten und zugleich fähigsten Konkurrenten.
MOS 6502Kurze Zeit später hatte Tramiel ein Gespräch mit dem Chefdesigner Chuck Peddle von MOS, der ihm prophezeite, dass der Markt für Taschenrechner schon bald am Ende wären und die Ära des Computers beginnen würde, da dies der nächste logische und evolutionäre Schritt wäre. Im Zuge dessen hatte Peddle, schon vor dem Aufkauf, an einem Prozessor gearbeitet, dem 6502, der für viele Jahre lang die Hauptkomponente innerhalb des Unternehmens wurde.
Jack Tramiel schien das auch bewusst zu sein, hatte er ja bereits versucht mit Apple einen Vertrag zu schließen, dennoch glaubte er nicht, dass Peddle in der Lage war einen solchen Rechner zu konstruieren und verlangte einen Beweis und Peddle lieferte ihm diesen mit dem Commodore PET, der auf dem, von ihm entworfenen Prozessor basierte (MOS 6502). Tramiel war begeistert und auf der CES 1977 in Chicago wurde dieser Computer der Öffentlichkeit vorgestellt. Der PET schlug ein wie eine Bombe und das Unternehmen erhielt 50 Anrufe pro Tag für Vorbestellungen diverser Händler. Besonders in Schulen war dieser Rechner gefragt, da er alle benötigten Komponenten bereits in seinem Gehäuse integriert besaß.

Commodore VIC 20Nun steht auch viele andere Unternehmen in das Heimcomputergeschäft ein und es zeigte sich, dass der PET gegenüber der Konkurrenz keinerlei Chance mehr hatte, besaß er doch nur monochrome Fähigkeiten. Commodore konterte dann mit dem VIC 20 und daraufhin mit dem Commodore 64, der zum meistverkauften Heimcomputer aller Zeiten wurde. Für Tramiel war dieser Computer der direkte Konkurrent zum Apple II, der mit dem gleichen RAM ausgestattet war und ähnliche Leistungen zeigte. Zu dieser Zeit entstand auch sein berühmtes Motto: "We need to build computers for the masses, not the classes." (frei übersetzt: "Wir müssen Compuer für die Massen bauen, nicht für die Klassen, also besseren Käuferschichten"). Ihm war klar geworden, dass Computer nun nicht mehr ausschließlich für wissenschaftliche Institute oder aber Unternehmen und Bastler interessant waren völlig, sondern die Menschheit als solches davon profitieren sollte (woraus Commodore profitieren sollte). Texas Instruments brachte einen neuen Konkurrenten namens TI99 auf dem Markt. Hatte zuvor Commodore einen Marktanteil von 25 %, wie auch der Texas Instrument 99, oder aber der Sinclair ZX 81 (die restlichen 25 % entfielen auf sämtliche andere Marken, unter anderem auch Atari oder Tandy), entbrannte nun ein gewaltiger Preiskampf, der beiden Unternehmen 1982 zusetzte und viele Unternehmen aus dem Markt drängte (wobei einige, durch das Experiment Heimcomputer zu viel investiert hatten und bankrott gingen). Wie Tramiel einmal sagte: "Geschäft ist Krieg" und er führte ihn ohne Gnade. Wie Texas Instruments zuvor bei den integrierten Schaltkreisen, konnte Commodore die eigenen Rechner mit den Prozessoren von MOS zum Selbstkostenpreis herstellen und konnte damit alle anderen, zu diesem Zeitpunkt, großen Unternehmen aus dem Feld schlagen. Sowohl Atari, als auch Texas Instruments machten gewaltige Verluste und es führte soweit, dass Texas Instrument für immer aus dem Computergeschäftausstieg, dafür der Commodore 64 aber einen Marktanteil von 75 % erreichte.

Tramiel hatte gewonnen, doch innerhalb seines eigenen Unternehmens erwuchsen seine Gegner aufgrund seines Führungsstils. Zwar war das Unternehmen eine Aktiengesellschaft, doch führte er das Unternehmen alleine und führte alle großen Entscheidungen selbst aus, ohne dies mit der Leitung abzusprechen. Der Eklat entstand, als er seine Söhne in das Unternehmen integrieren wollte, jedoch nicht in irgend einer Abteilung oder als Abteilungsleiter, sondern direkt in den Vorstand. Dies war selbst im Vorstand zu viel und Tramiel musste gehen. Gemäß seinem Mottos, dass das Geschäft ein Krieg war, ließ Tramiel sogleich die nächste Bombe platzen, mit der nun wirklich niemand gerechnet hatte: er verkaufte seine sämtlichen Commodore Aktien und gründete Tramel Technology, Ltd. (TTL), die einen Computer herstellen sollte, der die nächste Generation war ( es war ihm dabei klar, dass dieser Rechner ein 16-Bit Prozessor haben müsse und vor allem mit dem, eben erst vorgestellten, Macintosh mithalten konnte. Wieder war auch der Preis dabei entscheidend) und zahlreiche Commodoremitarbeiter folgten ihm, unter anderem Shiraz Shivji, einer der Hauptentwickler des C64. Hierbei standen sie schon in Kontakt zu Amiga Incorporated, die bereits seit einiger Zeit an einem Computer der nächsten Generation arbeiteten. Diese hatten jedoch bereits selbst einen Vertrag mit Atari, der darauf basierte, dass der Chipsatz des Prototypen Lorraine die Basis für eine erweiterte XL-Reihe sein und im Juni 1984 ausgeliefert werden sollte. Tramiel erkannte aber das Potenzial dieses Computers und es sollte sich als Glück erweisen, der sechs Monate später den nächsten großen Coup von Tramiel einleitete.

Atari Inc.Warner Communications, die 1976 Atari Incorporated von Nolan Bushnell für etwa 12 Millionen $ kaufte, geriet, aufgrund des Videospiel-Crashs (dem so genannten Atari Debakel), der im direkten Zusammenhang mit dem Preiskampf von Commodore und Texas Instruments stand, in Schwierigkeiten. Niemand wollte mehr ein Videospielsystem kaufen, wenn es zu einem, geringfügig höheren, Preis mehr Leistung und Funktionen in Form eines Computers gab. Aber die Atari-eigenen Computer konnten sich aus der Masse nicht herausheben. Ein Käufer musste her, damit Warner sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren konnten und Tramiel schlug zu und kaufte das sinkende Schiff Atari Inc. am 3. Juli 1984. Jedoch erhielt er nicht das gesamte Unternehmen, sondern nur die Computersparte. Atari Games hingegen, verblieb bei Warner.

Atari 520 STDa er von den Verpflichtungen der Amiga Incorporated gegenüber Atari wusste, pochte er, wie gewohnt, auf die Einhaltung des Vertrages, doch die Entwicklung verzögerte sich und Tramiel bot nun an das Unternehmen zu kaufen und wieder machte seine brutale Art und Weise die Verhandlungen völlig zunichte. Anstatt, wie beim Handeln üblich, sich preislich immer weiter zu nähern, unterbot Tramiel sein eigenes Angebot bei jedem Treffen. Jay Miner, der Vater des Amigas und sein Team waren entsetzt. Commodore, das ehemalige Unternehmen von Tramiel, die zudem selbst Probleme hatten einen neuen Computer zu erstellen, hörten von diesen Verhandlungen und boten in letzter Sekunde das doppelte dessen, was Tramiel Amiga bot und wurde damit ein Bestandteil von Commodore. Atari besaß zu dieser Zeit kein Modell oder keine Reihe, die es mit dem Lorraine-Projekt, von Commodore nun Amiga getauft, aufnehmen konnte. Tramiel stoppte sofort die Entwicklung neuer oder unsinniger Modelle, die noch immer auf alten 8-Bit Prozessoren basierten (abgesehen von den Atari XE-Modellen, die als Redesign angesehen werden konnten, damit sie optisch zum Atari ST passen würden). Mit Hilfe von Shiraz Shivji entwickelte, das von ihm in gewohnter Weise regierte Unternehmen, Atari innerhalb von fünf Monaten das Modell Atari ST, das bereits zur CES in Las Vegas 1985 mit dem beiden Modellen 130 ST und 520 ST der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Computer wurde sofort ein Erfolg (insbesondere der 520 ST) und hatte dies auch dem MIDI-Interface zu verdanken, der den Computer im Bereich der professionellen Musikproduktion etablierte.

So erfolgreich der Computer bei dem Benutzer auch war, viele Fachzeitschriften bezeichneten ihn eher als den fehlerhaftesten Computer aller Zeiten und zahlreiche Modelle kehrten in die Werkshallen zurück, um dort ROMs und Grafikprozessoren ausgetauscht zu bekommen. Für ein Modell, das den Businessmarkt anpeilte, war dies ein schwerer Schlag, von dem sich Atari nie erholte, auch wenn es zahlreiche CP/M-Konvertierungen existierten, die gerade für Geschäftskunden wichtig waren. Im Heimcomputermarkt jedoch dominierte der ST bis zum Erscheinen des Amiga 500. Immer im Bewusstsein für die Massen herzustellen (und damit auch, durch die Großherstellung, den Preis niedrig zu gestalten) kamen weitere, zahlreiche Produkte auf dem Markt, wie auch die ersten Laserdrucker, die einen Bruchteil der Konkurrenzmodelle kostete, da sämtliche Elektronik weggelassen wurde und die Arbeit dem Atari ST aufgebürdet wurde.
Doch auch ein Jack Tramiel konnte gegen die, immer stärker wachsende, Dominanz der PC-kompatiblen nichts ausrichten. Zudem war der Kampf im Heimcomputermarkt gegen den Commodore Amiga bereits verloren und Tramiel sah dies nun auch ein. 1995, mit 67 Jahren, verkaufte er das Unternehmen Atari an den Festplattenhersteller JTS und zog sich gänzlich aus sämtlichen Unternehmungen zurück und genießt seither seinen Ruhestand.

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